Zinsprognose Januar 2021
Unsere Zinsprognose ist ein Ergebnis interner Diskussionen, in denen wir Zinsprognosen der Großbanken erörtern. Wir geben Ihnen auf dieser Seite unsere Meinung als Anregung für Ihre Überlegungen weiter. Bitte beachten Sie, dass eine Untersuchung aller bisher verwendeten ökonomischen Prognosemodelle ergab, dass kein Model in der Lage war, die konjunkturelle Zukunft vorherzusagen.
Die seit 2009 andauernde Lockerungspolitik der EZB setzt sich auch in diesem Jahr fort. Über alle Laufzeiten im Kapitalmarkt hinweg werden die Zinsen von der EZB niedrig gehalten. Im Dezember wurde das Anleihe-Ankaufsprogramm erweitert und bis März 2022 verlängert. Das sehr günstige Refinanzierungsprogramm für Banken, mit Zinssätzen von bis zu -1,0 %, wurde bis Sommer 2021 verlängert.
In Zuge der Pandemie wurden zusätzlich fiskalische Ausgabenprogramme gestartet. Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte steigt somit deutlich an. Durch die verzögerte Genehmigung des EU-Haushaltes werden die Hilfen der Europäischen Union erst im Laufe 2021 in der Wirtschaft ankommen.
In den von uns ausgewerteten Prognosen wird mit dem Ende der zweiten Corona Welle (vermutlich im Frühjahr 2021) eine kräftige wirtschaftliche Erholung im zweiten Halbjahr erwartet. Durch den Lockdown sind die privaten Ersparnisse stark angewachsen. Mit dem Ende der Pandemie treffen hohe Ersparnisse, hohe Finanzhilfen der EU, des Bundes und der Länder auf die umfassenden Lockerungen der EZB. Das Niveau der Konjunktur vor der Pandemie könnte damit bis Ende 2021 oder Anfang 2022 erreicht werden. Aufgrund der herrschenden Unsicherheit zur Entwicklung der Pandemie und der Verfügbarkeit von Impfstoffen und Medikamenten sind die Prognosen sicherlich außergewöhnlich und von vielen Annahmen zum globalen Verlauf belastet. Wie die Zahl von Insolvenzen sich in den kommenden Monaten entwickeln wird und wie stark daraufhin die Beschäftigung zurückgeht, bleibt ebenfalls abzuwarten.
Die Inflationsraten der EURO Ländern könnten auf 1,6 - 2,0 % ansteigen. Dies dürfte auch von der EZB so angestrebt werden. In der aktuellen Krise sollte vermieden werden, die Inflationsraten auf einem zu niedrigen Niveau verharren zu lassen.
In diesem Jahr wird die EZB ihre Haltung u. a. zu den Inflationszielen diskutieren. Es besteht die Möglichkeit, dass, wie in den USA, ein Übertreffen des Inflationsziels von 2 % akzeptiert werden kann.
Inzwischen werfen nur noch griechische und italienische Staatsanleihen einen positiven Zins bei 10-jährigen Zinsbindungen ab. Durch das hohe Maß an Ankaufsprogrammen der EZB werden das Zinsniveau und die Spreads zu deutschen Anleihen auf ein extrem niedriges Niveau gedrückt - diese Politik kann nicht von Dauer sein.
Man muss davon ausgehen, dass die EZB in ihrer Kommunikation in der zweiten Jahreshälfte 2021 bzw. Anfang 2022 die Märkte auf eine Rücknahme der extremen Geldpolitik vorbereiten wird.
Die langfristigen 10-jährigen Zinssätze könnten daher in der zweiten Jahreshälfte 2021 um 0,3 bis 0,5 % gegenüber dem heutigen Stand ansteigen. Der 10-jährige Swapsatz könnte Ende 2021 wieder (letztmalig am 09.04.2020) im positiven Bereich liegen. Aktuell notiert dieser bei -0,27 % (per 05.01.2021).
Einen “Markt“ für Anleihen wird es dann immer noch nicht geben. Erst wenn die EZB in 2023 anfängt, ihre Anleihebestände zu reduzieren, sollten normale Marktkräfte zu wirken beginnen. Offen bleibt dabei, welchen Zinssatz Versicherungsunternehmen und Pensionskassen dann erwarten werden.
Sollten Sie in diesem Szenario eine vorzeitige Eindeckung von Darlehen anstreben? Wenn die Prognosen zutreffen: ja, dann sollten Sie eine Zinsbindung von 10 oder mehr Jahren für Ihre Immobilienfinanzierung eingehen. Die Kosten eines einjährigen Forwards liegen bei ca. 20-25 Basispunkten. Dies ist geringfügig günstiger als der erwartete Zinsanstieg. Einen weiteren Zinsrückgang, also eine Chance auf noch niedrigere Zinssätze, sehen wir außerhalb der täglichen Schwankungen von ca. 5 Basispunkte in keiner der von uns ausgewerteten Zinsprognosen.
Berlin, den 05.01.2021
Asger Nielsen
