Unsere Zinsprognose ist ein Ergebnis interner Diskussionen, in denen wir Zinsprognosen der Großbanken erörtern. Wir geben Ihnen auf dieser Seite unsere Meinung als Anregung für Ihre Überlegungen weiter. Bitte beachten Sie, dass eine Untersuchung aller bisher verwendeten ökonomischen Prognosemodelle ergab, dass kein Model in der Lage war, die konjunkturelle Zukunft vorherzusagen.

 

Geldpolitische Rahmenbedingungen

In ihrer letzten Sitzung im September hat die EZB die Leitzinsen erneut unverändert gelassen.

Begründet wurde dieser Schritt mit aktuellen Prognosen, die die Inflation im Zielbereich von rund 2 % sehen. Konkret erwartet die EZB eine durchschnittliche Gesamtinflation von 2,1 % im Jahr 2025, 1,7 % im Jahr 2026 und 1,9 % im Jahr 2027. Das Wirtschaftswachstum soll nach einer Prognose der Zentralbank im gleichen Zeitraum bei rund 1 % liegen.

In welche Richtung sich der Leitzins im Euroraum in den kommenden Monaten bewegen wird, hängt unserer Meinung nach vor allem von globalen Faktoren ab – insbesondere den Entwicklungen in den USA.

Die US-Notenbank hat erstmals in diesem Jahr die Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt. Damit liegt der US-Leitzins nun in einer Spanne von 4,00 bis 4,25 %. Laut der zeitgleich aktualisierten Dot-Plot-Grafik, in der die Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) ihre Projektionen für das künftige Zinsniveau abgeben, könnten 2025 noch bis zu zwei weitere Zinsschritte folgen. Ausschlaggebend dafür ist die weitere Entwicklung des Arbeitsmarkts, der sich zuletzt verschlechtert hat.

Für die Zinsen im Euroraum ist dies von Bedeutung, da Zinssenkungen in den USA in der Regel den Dollar gegenüber dem Euro schwächen. Das verteuert europäische Exporte in die USA, die aktuell ohnehin durch Zölle belastet sind. Folglich könnten weitere Zinssenkungen in den USA auch die EZB zu einer weiteren Zinssenkung veranlassen, um das schwache Wirtschaftswachstum im Euroraum nicht zusätzlich zu gefährden.

 

Zölle

Im August hat sich die EU mit den USA auf ein neues Zollabkommen geeinigt. Für die meisten Waren fällt bei der Einfuhr in die USA nun ein Zoll von 15 Prozent an. Auf Gegenzölle hat die EU verzichtet. Die zuletzt von den USA angekündigten Zölle von 100 % auf Pharma-Einfuhren sind für die EU nicht relevant, da Pharmazeutika im neuen Zollabkommen inbegriffen sind.

Zwar ist das Zollabkommen für die EU nicht optimal, sodass negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung Europas nicht auszuschließen sind. Doch es ist zu begrüßen, dass mit dem Abkommen endlich belastbare Tatsachen geschaffen wurden.

Allerdings sind die Auswirkungen der Zollpolitik auf beiden Seiten des Atlantiks nicht vollends abzusehen. Vor allem in den USA könnte die Inflation wieder ansteigen, wodurch sich Zinssenkungen eigentlich verbieten würden – sofern Präsident Trump die Unabhängigkeit der Fed respektiert, versteht sich.

 

Insgesamt sieht die EZB vor diesem Hintergrund folgendes Spannungsfeld:

Wirtschaftlich dämpfende Faktoren:

  • Höhere Zölle
  • Stärkerer EURO
  • Verschärfter internationaler Wettbewerb
  • Geopolitische Spannungen

Wirtschaftlich stärkende Faktoren:

  • Stabile Beschäftigungsquote
  • Belebung der Konsumausgaben
  • Gesunkene Zinsen aufgrund bisheriger Zinssenkungen
  • Sinkende Unsicherheit aufgrund abgeschlossener Handelsabkommen
  • Höhere Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben

Inflation dämpfende Faktoren:

  • Stärkerer EURO
  • Fortgesetzte Handelsspannungen

Inflation treibende Faktoren:

  • Spannungen in internationalen Lieferketten mit Einfluss auf die Kapazitätsauslastung in der Binnenwirtschaft
  • Höhere Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben

Zinsentwicklung

Der seit dem 4. Quartal 2023 zu beobachtende Rückgang des 3-Monats-EURIBOR von in der Spitze etwa 4 % endete im Mai dieses Jahres. Seitdem schwankt der 3-Monats-EURIBOR um die 2 %-Marke mit einer Spanne von weniger als 10 Basispunkten. Da weitere Zinssenkungen der EZB aktuell nicht abzusehen sind, gehen wir davon aus, dass sich dieser Schwankungskorridor zumindest bis zum Jahresende fortsetzt.

Der 10-jährige Mid-Swap hat im Gegensatz dazu seinen letzten Tiefpunkt Ende April bei 2,42 % erreicht und bewegt sich seitdem aufwärts. Aktuell (30.09.2025) steht er bei etwa 2,7 %. Die Aufwärtsentwicklung ist dabei sehr volatil und zeigte immer wieder Sprünge von bis zu 10 Basispunkten nach oben oder unten innerhalb weniger Tage. Der 5-jährige Mid-Swap entwickelt sich ähnlich, wenn auch mit geringerer Volatilität von 2,11 % Ende April auf heute etwa 2,4 %.

Da den Swap-Sätzen dieselben makroökonomischen Faktoren zugrunde liegen wie den Bundesanleihen, ist davon auszugehen, dass sich dieser Zinsanstieg fortsetzt. Zurückzuführen ist dies auf die gestiegenen Kreditaufnahmen der Bundesregierung vor dem Hintergrund der beschlossenen Sondervermögen und der gelockerten Schuldenbremse. Nur aufgrund der weiterhin sehr guten Bonität der Bundesrepublik Deutschland hält sich der Zinsanstieg bei den Bundesanleihen aktuell in Grenzen.

Unter den dargestellten Szenarien erwarten wir am langen Ende weiter steigende Zinssätze um ca. 20 Basispunkte bis zum Jahresende 2025.

Positiv ist, dass die von uns erwartete Normalisierung der Zinsstrukturkurve inzwischen abgeschlossen ist, nachdem nunmehr in allen Laufzeitbändern die kurzfristigen Zinsen geringer sind als die langfristigen.

 

Fazit

Die künftige Zinsentwicklung ist nach wie vor von hohen Unsicherheiten geprägt, scheint aber zumindest am langen Ende eher nach oben zu tendieren. Die hohe Volatilität wird sich voraussichtlich fortsetzen.

Es empfiehlt sich, frühzeitig mit der Beantragung einer Finanzierung zu beginnen. So können Sie sich einerseits die Mittel bei den weiterhin zurückhaltenden Finanzierungsinstituten sichern und andererseits schnell auf kurzfristige Rücksetzer reagieren, um die Zinsbelastung zu optimieren.

 

Berlin, 02. Oktober 2025
Robert Rakau
(Partner, Senior Consultant)