Architektur der Versöhnung




Seitdem auf der Spreeinsel das Humboldt-Forum eröffnet hat, beansprucht ein weiteres Gebäude Berlins, das Zentrum der Stadt zu markieren. Doch die Gunst der Berliner*innen ist nicht leicht zu gewinnen. Zu gut erinnern sie sich daran, dass ihnen der Potsdamer Platz einst ein ähnliches Versprechen machte… und wie er es brach. Drum beäugt die Stadt die monumentale Collage aus barockem Hohenzollernschloss und spartanischer Lochfassade mit Skepsis.


Auch scheint das Humboldt-Forum die Öffentlichkeit nicht zu einen, sondern zu spalten. Erst stritt man über den Abriss des Palasts der Republik, dann über die (rückschrittliche vs. einheitsstiftende) Symbolwirkung des rekonstruierten Preußendekors. Schließlich ging man dazu über, dessen Inventar sukzessiv als Raubkunst auszuweisen. Es ist einigermaßen ironisch, dass der Bau die Stadt nicht nur diskursiv zerreißt, sondern auch visuell. So fügen sich (vermeintlich) Alt und Neu an ihm so galant ineinander wie eine Zugkollision. Der ruinöse Charakter, welcher dem Gebäude dadurch anhaftet, taugt allenfalls als unfreiwilliges Symbol für die zunehmende Gespaltenheit der Gesellschaft.




Autor

​​​​​​​Sebastian Freiseis

studierte Germanistik, Philosophie sowie Literatur- und Kulturtheorie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und der University of Nebraska-Lincoln. 


www.promarch.org/

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